917 Kilometer und 19.553 Höhenmeter in einer Woche. 22 Pässe u.a. Stilfserjoch und Mortirolo. Noch nie bin ich in einer Woche so lange am Rad gesessen. Konnte das gut gehen?
Ja, es konnte und letztlich war es viel leichter als ich es mir vorgestellt hatte. Das kann natürlich auch daran gelegen sein, dass ich gut vorbereitet war und schon jede Menge Kilometer in den Beinen hatte. Aber alles der Reihe nach:
Anreise am Freitag von Graz mit dem Wohmobil gemeinsam mit meinem Wiener Partner Karl Stastny. Am Samstag Vormittag unseren Fahrer in Telfs abgeholt und weiter nach Sonthofen gefahren um Startnummer & Chip auszufassen. Einmal schlafen und schon ging’s um 9 Uhr an den Start in Startblock C. Also ca. 500 Radler vor uns, die es zu überholen galt, wenn wir in den 1. Startblock wollen. Dementsprechend düsten wir auch gleich in den ersten Berg, das Oberjoch, hinein (270W Schnitt) und im darauffolgenden flachen Teil machte ich gleich ordentlich Tempo in unserer Gruppe, so dass wir vor dem nächsten Anstieg in Reutte das grosse Feld der Führenden eingeholt hatten. Naja und das war’s dann auch. Mein Partner war leergefahren und wir kämpften uns mehr schlecht als recht am 136. Platz ins Ziel. Es war auch recht klar, dass es einen ziemlich Leistungsunterschied zwischen uns beiden gab.
Am 2. Tag waren wir dann, nach Analyse der Leistungsdaten vom Vortag, mit anderer Taktik unterwegs und fuhren den Arlberg wesentlich gemässigter hoch. Genützt hat es nicht viel, da ich im Montafon einen Platten hatte und rund 15min auf meinen Partner und die grosse Gruppe in der wir waren, verloren habe. Das habe ich dann alleine versucht auf den letzten 50km u.a. über die Bielerhöhe wieder zuzufahren. Ist mir auch fast gelungen, allerdings habe ich an dem heissen Tag zu wenig getrunken und mich oben auf der Bielerhöhe mit Krämpfen in den Beinen abgekämpft. Immerhin haben wir uns zum Vortag verbessert.
Tage 3 & Tag 4 waren dann schon wesentlich besser, allerdings mussten wir immer noch aus Startblock B heraus starten und blieben daher bei unserer Strategie – gemässigtes Tempo am ersten Berg (230-240W Schnitt). Ich ziehe dann die Gruppe in der wir sind im Flachen und auf den folgenden Bergen kämpfen wir uns so gut es geht, teils mit anschieben, durch. Das hat letztlich immer besser funktioniert und wir konnten uns in den 1. Startblock nach vor arbeiten. Ausserdem wurde mein Partner, obwohl ich ihn jeden Tag „halbtot“ gefahren bin, immer stärker.
Auf dem Titelbild und 2x im Video (ca. 1m:10s & 1m:30s) in typischen Situationen für die ersten 4 Tage: Umblicken nach dem Partner und Ziehen einer grossen Gruppe
Tag 5, 6 und 7 haben wir dann die Taktik etwas abgewandelt und versucht am ersten Berg mehr Gas zu geben (250-270W Schnitt), g.g.f. mit Anschieben um mit besseren Gruppen mitzurollen. Dadurch musste ich dann in den Gruppen nicht mehr viel arbeiten und konzentrierte mich mehr auf das Vorausfahren zu Labestationen, Anschieben am Berg und Zufahren von Löchern in den Abfahrten. Die Taktik war letztlich am effizientesten und wir landeten an allen 3 Tagen jeweils um Platz 30 und konnten uns im Gesamtklassement bis auf Platz 38 in unserer Wertungsklasse (Herren) verbessern.
Zusammenfassung der Leistungsdaten (Powertap)* und Ergebnisse:
Das Powermanagement Chart sieht ähnlich aus wie bei der Trainingswoche auf Mallorca:
- Am Anfang (Samstag): CTL = 123, ATL = 84, TSB = +39
- Am Ende (Samstag): CTL = 143, ATL = 197, TSB = -54
- Es war bei weitem nicht so anstrengend, wie ich mir das gedacht habe. Mag auch daran liegen, dass es eine recht grosse Differenz zwischen meinem Partner und mir gab und ich mich daher an den nominell schwierigsten Tagen (Etappe 4 mit Stilfserjoch und Etappe 5 mit Mortirolo) eher erholt als über alle Massen angestrengt habe. Trotzdem ist es erstaunlich wie schnell man regeneriert. Nach der Etappe über die Bielerhöhe war ich im Ziel komplett platt und am nächsten Tag lief das Werkel wieder als ob am Tag davor nichts gewesen wäre.
- Mit Hilfe des Leistungsmessers haben wir uns an ein recht striktes Pacing gehalten. War ganz interessant zu sehen, dass zwar sehr viele Leute Leistungsmesser hatten (Jede Menge SRMs, ein paar Powertaps und P2Max), aber scheinbar kaum jemand damit etwas angefangen hat. Sind immer alle viel zu schnell in die Berge reingefahren und dann oben raus immer langsamer geworden. Wir waren eher unten langsam, dafür konstant den Berg hoch und oben raus haben wir laufend überholt. Ähnliches galt für unterschiedliche Steigungen. Kaum wurde es etwas flacher nahmen alle raus und wenn’s steiler wurde, dann traten sie im Wiegetritt kurz sehr kräftig an. Ist zwar nicht gesagt, dass man dort komplett gleichmässig fahren muss und soll, aber so starke Schwankungen wie sie viele hatten (Wiegetritt&steil = über der Schwelle, Flacher = unter 150W), waren nicht optimal. Ausserdem war es ein gutes Gefühl zu wissen, dass – wenn wir einen bestimmten Watt Schnitt fahren – uns sicher nicht verheizen und das Tempo über mehrere Berge halten können.
- Ich hätte nicht gedacht, dass man eine Woche lang nur Nudeln und Reis essen kann, aber ich hatte auf gar nichts anderes Lust. Daher gab es am Nachmittag nach der Ankunft Nudeln und Abends – meist bei der Pasta Party – noch einmal Nudeln.
- Wohnmobil hat sich bewährt und obwohl wir nichts reserviert hatten, haben wir überall einen Platz bekommen bzw. konnten frei parken & nächtigen. Würde ich wieder so machen.
- Die Strassen waren sehr gut gesichert und weitestgehend gegenverkehrsfrei. Trotzdem hat es einige schwere Stürze gegeben, was mich nicht wirklich gewundert hat, so wie da einige runtergefahren sind … Massenstürze – vor denen ich mich eigentlich wesentlich mehr gefürchtet habe – habe ich allerdings keine gesehen.
Mit Finishertrikot im Ziel in Arco
Links:
*) Powertap ist falsch kalibriert und zeigt ca. 5% zu geringe Werte an.
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