Bisher habe ich es immer vermieden, aber diesmal muss ich wirklich eine Warnung aussprechen: Wer vor hat einen Radcomputer zu kaufen und meint, dass er mit einem Wahoo RFLKT (mit oder ohne +) und seinem Smartphone das Auslangen findet, der hat sich schwer getäuscht. Kauft euch das Teil nicht!
Was ist ein Wahoo RFLKT+?
In erster Linie handelt es sich dabei um eine Art externes Display für ein Smartphone. Das Display sieht aus wie ein Radcomputer und wird auch wie ein solcher vorne am Lenker montiert. Danach wird es via Bluetooth 4.0 mit dem Handy verbunden. Startet man die entsprechende App (z.B. jene von Wahoo) und zeichnet damit eine Ausfahrt auf, dann sieht man am Display alle relevanten Daten, kann die Aufzeichnung starten/stoppen/pausieren und sogar Musiktitel weiterschalten. Dafür stellt Wahoo eine eigene API für alle iOS Geräte zur Verfügung, damit jeder Entwickler auf das Display zugreifen kann und seine eigene App entsprechend anpassen kann.
Zusätzlich zum Standard RFLKT hat der RFLKT+ noch einen Barometer eingebaut und kann ANT+ Signale empfangen und an ein iPhone weiterleiten, welches diese ohne zusätzlichen ANT+ Stick üblicherweise nicht empfangen kann. Dadurch kann man z.B. einen Garmin Edge Radcomputer gänzlich ersetzen und auch Daten von Puls, Leistungsmesser etc. mit dem iPhone aufzeichnen.
Warum nicht kaufen?
1. Mangelhafte Softwareunterstützung:
Ausser der Wahoo eigenen Software gibt es nur eine handvoll Programme, die mit dem Display etwas anfangen können. Ich habe sie alle ausprobiert und war enttäuscht von der schlechten Useability und dem mangelnden Funktionsumfang. Speziell für den ambitionierten Radfahrer mit Leistungsmesser ist schnell das Ende der Fahnenstange erreicht: Es gibt keine App mit der man einen Leistungsmesser kalibrieren kann (Bei den Garmin Vector Pedalen Pflicht vor jeder Ausfahrt). Meldungen vom Leistungsmesser (wie z.B. Batterie schwach, Dynamische Kalibrierung erfolgreich) werden nicht angezeigt. Viele Kennzahlen rund um Leistungsmessung kann man sich nicht anzeigen lassen (z.B. kein Durchschnitt der aktuellen Runde). Fahrten können zwar auf online Plattformen wie Strava, Garmin Connect hochgeladen und auf Dropbox exportiert werden, allerdings nicht im .FIT Format sondern nur im .TCX Format, das ca. 10x so grosse Dateien erzeugt (1,5MB/h). Auf meine Nachfrage beim Wahoo Support, ob die Funktionen geplant sind oder auf irgendeiner Roadmap stehen, bekam ich nur den Hinweis ich möge doch bitte meinen Leistungsmesser mit einem Garmin Computer kalibrieren …
Obiges bezieht sich auf die iOS App für iPhone und iPad. Unter Android sieht es noch schlechter aus, weil es noch kein SDK gibt und die Wahoo eigene App (mit reduziertem Funktionsumfang) gerade einmal als Betaversion verfügbar ist. RLFKT Support gibt es darin noch nicht und RLFKT+ erst recht nicht.
2. Nicht stabil genug:
In den letzten 2 Monaten habe ich den RFLKT+ ausschließlich Indoor verwendet und mit meinem iPad sämtliche Fahrten auf der Rolle aufgezeichnet. Das hat mit einer Fehlerquote von (geschätzt) ~20% auch gar nicht so schlecht funktioniert. V.a. der direkte Upload nach dem Training auf Strava ist schon sehr praktisch. Allerdings war ich sehr bald froh, dass ich parallel dazu auch alle Trainings mit dem Edge 800 aufgezeichnet habe. Mal viel das iPad aus (iOS7 Black Screen of Death), dann wieder der RFLKT+. Insgesamt eine Fehlerquote, die viel zu hoch ist für einen Radcomputer. In den letzten 4 Jahren habe ich kein einziges Training verloren, jetzt beinahe eines pro Woche.
3. Stromverbrauch:
Das bei weitem größte Problem ist aber der Batterieverbrauch des RFLKT+. Wahoo spricht von einem Jahr, ich habe es nie länger als 30h (aktive Aufzeichnung) geschafft. Da die Batterien sehr teuer sind (CR2450 Knopfzellen zu ~5EUR/Stück), ist das ein echter Kostenfaktor, wenn man 700h pro Jahr fährt … Dazu kommt, dass es keinerlei Batteriestandswarnung gibt. Das Display schaltet sich einfach ab und da auch die ANT+ Bridge über das Ding läuft, werden ab dort auch keine Daten (Puls, Leistungsmesser, Trittfrequenz) mehr aufgezeichnet.
Nachdem bei meinem ersten RLFKT+ die Batterie leer war und ich sie getauscht habe, war überhaupt schon 2-3 Tage später wieder der Saft aus. Offenbar war das Gerät defekt oder es gab irgendwo einen Kurzschluss. Jedenfalls hat mir der Wahoo Support binnen weniger Tage kostenlos ein Austauschgerät zukommen lassen. Mit dem bin ich allerdings auch nicht weiter als 30h gekommen. Dann war die Batterie wieder leer. Jetzt habe ich ein externes Batteriefach angebaut, mit dem ich kostengünstige und leistungsstarke Akkus anhängen kann.
Ausserdem warte ich noch auf Feedback vom Wahoo Support und ev. eine neue Firmware. Allerdings bin ich nicht sehr zuversichtlich. Mir ist nämlich auch aufgefallen, dass die permanente Bluetoothübertragung ordentlich am iPad Akku saugt. Ich habe Indoor zwar immer das Display an, dafür aber keinen Mobilfunkteil und kein GPS in Betrieb. Outdoor mit GPS und aktivem Mobilfunk, dazu vielleicht noch Musikplayer/-streaming muss der Akku noch viel schneller leer werden. Leider bin ich noch nicht dazu gekommen das zu testen. Jedenfalls dürfte die gleichzeitige Bluetooth & ANT+ Übertragung doch etwas zu viel für eine Knopfzelle sein (auch wenn es die Größte und Teurste ist, die es gibt).
Insgesamt ist das System bis zu diesem Punkt schon viel zu fehleranfällig ohne dass es überhaupt noch irgendwie so richtig hart geworden wäre (Kälte, Nässe, lange Ausfahrten, eingehende Telefonate). Das wird wohl nichts mehr werden. Daher auch die Warnung vor dem Kauf. Lieber €25 bis €50.- mehr in einen Edge 500 investieren und das gute Ding immer wieder per USB an den Computer anschliessen um die Daten in die Wolke zu bekommen, anstatt sich mit dem RLFKT+ abzukämpfen.
Damit ist auch das Thema Smartphone als primärer Radcomputer für mich einmal abgehakt und das Warten auf den SRM PC8 oder einen Edge520/820 mit WLAN Upload (Gibt’s schon beim FR 620, wenn auch nur auf Garmin Connect) geht weiter.
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