Was soll ich sagen, das war wohl mein bester Radmarathon bisher. Vor allem der Rennverlauf hat das Fahren richtig angenehm gemacht. Aber alles der Reihe nach.
Ziel
Ich wollte eigentlich vor La Marmotte einen Versorgungstest (Komme ich 5h mit „on board“ Verpflegung aus?) machen und v.a. mit selbstgewähltem Tempo einmal eine längere Strecke bergauf fahren. 200km bei 2.000hm und ca. 5.30h-6h Fahrzeit schienen dafür ideal. Laut Ergebnisliste vom Vorjahr war Andreas Goldberger (der Ex-Skispringer) mit ca. 6:00h so um die Platz 50. Dort wollte ich grob hin und mich bergauf relativ konstant mit 280W bewegen (an allen 4 Bergen).
Rennen
Start um 7 Uhr früh, bei perfektem Wetter. Gemeinsam mit ca. 300 Fahrern ging’s auf die ersten, bis auf einen kurzen Anstieg – immerhin 5min mit 340W – flachen 28km zur Abzweigung auf die Postalm. Wie üblich spült es mich in so grossen Gruppen immer ziemlich ans Ende – ich fahre übervorsichtig. Kurz nach der Einfahrt in die Postalmstrasse gab es eine kurze Schrecksekunde: Bei einer Engstelle durch einen Felsvorsprung in eine kleine Brücke wurde gebremst. Ein Fahrer hinter mir ist mir reingefahren und hätte mich fast am Brückengeländer vorbei in den Abgrund geschoben. Konnte mich aber an einem Baum anklammern und die Füsse ausclippen. Nix passiert, ausser dass ich richtig weit hinten war, weit hinter dem Führungsfeld. Umso besser, die Versuchung beim Anstieg übers Limit zu gehen um mit der Spitze mitzuhalten, war daher nicht mehr so gross. Also 280W angestimmt und hochgefahren. Über den Anstieg hinweg habe ich permanent keuchende & schnaufende Fahrer eingeholt, die es zu schnell angegangen sind. Irgendwann auch den Goldi. Ganz oben haben dann noch ca. 30sek auf 2 grössere Gruppen gefehlt. Die zuzufahren war nicht drinnen, obwohl ich dann oben eh schon wieder zu schnell (300W) gefahren bin. Bei der Abfahrt Postalm und Anfahrt auf den Pass Gschütt ist es dann in einer 5er Gruppe doch gelungen das Loch zuzumachen und eine 25 Mann Gruppe zu bilden. Die nächsten relativ flachen 70km waren damit gerettet. Der Abstand zur Spitze betrug am Pass Gschütt laut einem Betreuer ca. 4min. Wie viele Leute in der Spitze waren, wussten wir aber nicht.
Nach 2h und 80km bei 40km/h Schnitt im belgischen Kreisel ging’s dann die Grossalm hinauf. Ich wollte eigentlich nur mitfahren bzw. eben wieder meine 280W treten. Im letzten steilen Stück habe ich mich aber wieder nicht ganz daran gehalten und bin 300W Schnitt gefahren. Das hat mich – zu meiner Verwunderung – ganz nach vorne in der Gruppe gebracht. Trotzdem ging’s in der Abfahrt gemeinsam hinunter und entlang des Attersees mit leichtem Gegenwind Richtung Seewalchen am nördlichen Ende des Sees. Dabei sank das Tempo in der Gruppe merklich und auch der Kreisel funktionierte nicht mehr so recht, da nicht mehr jeder mitmachen wollte (oder konnte). An der Ortseinfahrt Seewalchen war ich durch Zufall ganz vorne, als ein anderer Fahrer etwas angezogen hat und ein paar Meter vorgefahren ist. Ich bin mit, allerdings hat sich herausgestellt, dass der andere nur von seinem Betreuer Wasser holen wollte. Dadurch war ich auf einmal 100m vor der Gruppe, bei relativ starkem Verkehr, noch ca. 30km und einer Bergwertung zu fahren. Na gut dachte ich mir, probierst’s halt. In einem geschlossenen Sprint würde ich so oder so letzter werden.
Also nochmals 280W ausgepackt und losgeradelt. Bis zum Anstieg war hinter mir nie irgendwer anders zu sehen. Auch beim Anstieg nicht – das hat gut ausgesehen. Dann habe ich leider oben im Anstieg doch etwas überzogen und einen Krampf im rechten Wadel bekommen. Konnte die letzte Abfahrt und die flachen letzten 6km daher gerade nur mehr so viel treten, wie’s die Wadeln zugelassen haben. Aber es hat gereicht, im Ziel war ich 30sek vor den nächsten. Mit dem 16. Platz, einer Zeit von 5h:34m:50s und einem Abstand von nur 5min auf den Sieger war das viel besser als erwartet.
Auch der Ernährungstest hat gut geklappt. Bin leicht 5h über die Runden gekommen. Das sollte kommende Woche bis zur Labe am Col du Telegraphe reichen. Nicht reichen werden die 4.300kJ (= ca. 4.300 verbrauchte Kalorien) und auch nicht die 5:30h. Da werde ich wohl erst am Galibier sein und Alpe d’Huez noch vor mir liegen.
Am letzten Anstieg bei Nussdorf mit dem Attersee im Hintergrund
meine Hochachtung – tolle Leistung und schöner Bericht
Die Daten sind wirklich interessant, ich war am Sonntag auch am Start. Meine Daten mit SRM gemessen waren ähnlich. Watt Schnitt 224 gesamt und z.B. Postalm Watt Schnitt 300 nur das ich eine Zeit von 6 Stunden und 7 Min brauchte.
Was da das Gewicht, und ev. die Falsche Gruppe ausmacht. Ich habe 80 kg, dich schätze ich lt. dem Bild auf ca 70 kg.
Ja, das kommt ungefähr hin: 67kg
Und was auch noch dazu kommt sind die ca. 3% Kettenverlust, die man zu meinen Powertap Werten hinzufügen muss um sie mit deinen SRM Zahlen vergleichen zu können.
Hallo Jürgen,
guter Bericht! Vor allem das Detail mit dem Beinahe-Absturz…so kann ich mich wenigstens dafür entschuldigen! Ich war vom doch ziemlich plötzlichen Abbremsen der Gruppe überrascht worden und konnte, wie du ja gemerkt hast, nicht bis zum Vollstop abbremsen…der Schrecksekunde vom Aufprall folgte ein noch größerer Schrecken als dir der Sturz nach unten drohte…hab zwar reflexartig deinen Sattel ergriffen, aber ich bezweifle, daß das ohne dem Baum gereicht hätte dich zu halten….aber ist ja nochmal gut gegangen…
Also sorry nochmal und weiterhin viel Glück und Spaß bei deinen Ausfahrten!!!
Martin
Ja, Gott sei Dank eh nichts passiert. Trotzdem eine gefährliche Stelle, die der Veranstalter ruhig auch ausweisen könnte. Nächstes Jahr bin ich vorgewarnt…