Ötztaler Radmarathon 2012 – So war’s

Im Ziel nach 8h:11min

Zum zweiten Mal gefahren, zum zweiten Mal gescheitert. So lässt sich der vergangene Sonntag am besten beschreiben. Bin ich voriges Jahr an technischen Defekten gescheitert, so war heuer schon am Tag davor mit der Startnummernabholung und der uneinsichtigen Rennleitung, die mich nicht aus dem 1. Startblock starten liess, ein wirklich gutes Ergebnis nicht mehr möglich. Aus der schlechten Ausgangsposition noch das beste rauszuholen, habe ich dann selbst vereitelt indem ich wieder einmal zu früh zu viele Kohlenhydrate verschossen und mich obendrein ungenügend ernährt habe.

Rennverlauf

Obwohl ich mich schon um 6 Uhr im Startblock 2 angestellt habe (6:45 Startschuss), bin ich erst 7 min hinter  den Ersten über die Startlinie gerollt. Hinunter nach Ötz ging es dann – eigentlich unerwartet – stressfrei, aber mit wesentlich mehr Energieaufwand als voriges Jahr im ersten Startblock und auch um 2 Minuten langsamen. Über das Kühtai dann im kräfteraubenden Slalom hoch, erst ab Ochsengarten wurde es etwas weniger verstopft und rhythmischer. Letztlich war es aber ein Fehler am Kühtai so schnell zu fahren, da die richtig guten Gruppen, die mich kräfteschonend und schnell auf den Brenner gebracht hätten, ohnehin nicht mehr erreichbar waren. Mit 1:02:23 war ich dort letztlich sogar etwas schneller als im Vorjahr und wäre – rechnet man den Slalom, die verstopften Strassen und etwas Windschatten ein – mit den gleichen Leistungswerten aber aus dem ersten Startblock gestartet, vermutlich gut vorne dabei gewesen.

Die Abfahrt vom Kühtai war Gott sei Dank unspekatuklär, die Strassen und das Wetter allgemein viel trockener als erwartet. Rauf auf den Brenner war meine Gruppe auch wesentlich stärker und schneller als voriges Jahr, leider habe ich mich trotzdem zu viel Tempoarbeit verleiten lassen und habe, anstatt zu rasten und zu essen, erst wieder draufgedrückt und KHs verbrannt anstatt angehäuft.

Das hat sich dann am Jaufen Pass gerächt. Unten rein ist es noch wunderbar gegangen. Ich bin mein geplantes Tempo mit Rund 240-260 Watt gefahren, als plötzlich knapp nach der Hälfte die Leistung binnen 10min auf 200W abgefallen ist. D.h. Kohlenhydratspeicher leer! Bis dahin bin ich ca. 4h:30min gefahren und hatte 3600kcal verbraucht. Zu mir genommen habe ich nur rund 700kcal KHs. Ergibt eine Differenz von 2900kcal. Zieht man noch die maximal 300kcal, die pro Stunde – bei optimaler Ausnutzung  – aus der Fettverbrennung kommen können ab und berücksichtigt, dass am Kühtai kaum etwas aus der Fettverbrennung kam, da ich zu nahe an der Schwelle gefahren bin (= 3,5*300 + 0,5*300 = 1200kcal), dann bleiben noch 2900 – 1200 = 1700kcal. Das entspricht ziemlich genau den 400g KH’s bzw. 1600kcal, die der menschliche Körper speichern kann. Es war also „errechenbar“, dass ich mit der Fahrweise und Ernährung dort eingehen würde.

%VO2max korreliert im Berreich 65%-90% gut mit der HRR (= heart rate reserve = Maximalpuls – Ruhepuls). Für maximale Fettverbrennung müsste ich im Bereich 65% VO2max fahren. Das heisst 187 (Max. Puls) – 42 (Ruhepuls) = 145 * 0,65 = 94 + 42 (Ruhepuls) = 136 = L2 bzw. 200-220W.

Für die letzten 4h war daher Notmodus angesagt. Das heisst bei mir ca. 200W fahren (ca. 700kcal/h), da dort die Fettverbrennung maximal arbeitet und ich den Rest aus der laufenden KH Aufnahme (Trinken, Gels) decken kann. Das habe ich dann auch gemacht, in der Abfahrt vom Jaufen die Speicher etwas aufgefüllt und im Anstieg zum Timmelsjoch von Anfang an darauf geachtet nicht wesentlich über 200W zu fahren. Hat an sich auch gut geklappt und dafür, dass ich am Jaufen mit komplett leeren Speichern fast vom Rad gefallen wäre (Das Hirn arbeitet nur mit Energie aus KH’s, nicht mit Fett!), habe ich mich noch mit Würde übers Timmelsjoch gerettet.

Die Abfahrt vom Timmelsjoch war dann das eigentlich Highlight: Regen, kalt, Gegenwind (Sturm), keine Gruppe. Mir wurde eiskalt und obwohl ich mehr Watt getreten habe als im Vorjahr, habe ich fast 5min ins Ziel verloren. Dort ging es dann schnellstmöglich unter die Dusche. 8h:11min, Platz 118. Immerhin das Minimalziel unter 8h:20min zu bleiben und damit die Qualifikation für den 1. Startblock im kommenden Jahr, hatte ich erreicht.

Für nächstes Jahr brauche ich eigentlich nur eines zu trainieren: Mich richtig zu ernähren und mir die Kräfte sinnvoll einzuteilen. Wie’s richtig geht hat mir wieder einmal Guiseppe Piemontese vorgezeigt, der voriges Jahr beim Highlander etwas langsamer war als ich und dann beim Ötzi grossartige ~7h:40min gefahren ist. Heuer war er als gesamt 10. nach 7h:21m im Ziel. Wahnsinn!

Leistungsdaten (P2M):

Gewicht ~67kg, FTP ~310W. Einen genauerer Vergleich meiner 2011er Werte (Powertap SL+) zu den 2012ern (Power2Max) muss ich noch machen – im speziellen hinsichtlich Temperaturdrift.

Ötztaler Radmarathon 2011

Leider ist’s nicht ganz nach Plan gelaufen. Wetter war ein Traum und ich habe mich gut gefühlt, aber schon 30km nach dem Start ca. 300m vor der Einfahrt nach Ötz war mit einem Knall (Reifenplatzer – Schlauch, Mantel & Felge defekt) das Ziel „unter 8 Stunden bleiben“ in unerreichbare Ferne gerückt. Alle ca. 4.200 Teilnehmer fuhren an mir vorbei bis endlich nach 37 Minuten und 2 Serviceteams mein Rad wieder flott war und ich als letzter in den Anstieg zum Kühtai einbog. Rund 5 Minuten hinter dem Schlusswagen, die Matte für die Zeitnehmung wurde schon abgebaut und war außer Betrieb.

Damit waren auch jegliche strategische Überlegungen hinsichtlich Gruppen- und Windschattenfahren hinfällig. Ich rechnete mir aus, dass ich ca. 30min verloren hatte und setze mir 8:30 als neues Ziel. Das wäre immerhin noch die Qualifikation für den 1. Startblock 2012. Im Slalom ging es recht unrythmisch – da die Strasse oft verstopft war – das Kühtai hoch und oft im Schneckentempo zwischen anderen Radlern hindurch wieder runter. Ich habe extra versucht übers Kühtai Tempo zu machen, damit ich dann vielleicht im Flachen bzw. am Brenner eine Gruppe finde und auch etwas Windschatten fahren kann. Das war aber leider nur sehr selten der Fall, daher bin ich den Brenner fast alleine hoch und war umso überraschter als ich danach sah, dass es die 4. schnellste Zeit unter allen Teilnehmern war.

Hinunter zum Jaufen ging es dann aber doch erstmals in einer Gruppe. Ich konnte mich etwas ausrasten, trinken & essen. Daher fuhr ich frohen Mutes unten in den Jaufen rein, recht konstant mit 265W hoch, bis es dann in der Mitte des Anstiegs plötzlich „Ding!“ machte und am Hinterrad eine Speiche riss. 2 Pausen und 2,5min später war die Speiche dann so verbogen und ins Rad gewurschtelt, dass sie nicht mehr störte. Allerdings war ich extrem demoralisiert und verunsichert, fuhr nur mehr locker weiter und wollte eigentlich am liebsten sofort absteigen und aufhören. Oben angekommen lies ich mir am Mavic Stand die Speiche ganz rausschneiden und fuhr die Abfahrt mit selbst auferlegtem Sicherheitstempo von max. 40km/h runter. Leider hatte ich dadurch nicht nur 3,5 Minuten durch Reparaturen und 7min durch die langsame Abfahrt verloren, sondern auch ganz auf die Ernährung vergessen.

Das rächte sich am Timmelsjoch. Unten bei der Einfahrt hatte ich mich mental wieder im Griff, war motiviert und fuhr den ersten Abschnitt mit ca. 245W hoch. Oben wurde dann aber die Kraft immer weniger – der Kohlenhydratspeicher waren wohl leer – und lediglich etwas über 200W kamen noch am Asphalt an. Letztlich schaffte ich’s aber doch noch unter 2 Stunden drüber und schoss – diesmal wieder in einer Gruppe – dem Ziel entgegen. Nicht sonderlich intelligent, aber diesmal wollte ich nicht wieder mit 40km/h runterrollen.

Fazit: Nur die Hälfte vom Plan gegessen und getrunken (2l + 4 Gels = 400g Kohlenhydrate = 1600kcal), aber mehr Energie verbraucht als geplant (6200kJ = ca. 6200kcal). Das war nicht ideal. Vom Pacing her habe ich mich an sich ziemlich genau an die modifizierte 8 Stunden Variante gehalten, leider war kaum Windschatten da, der mir die notwendige Erholung und Zeit für die Nahrungsaufnahme gebracht hätte. Trotzdem wäre vermutlich eine Zeit unter 8 Stunden kein Problem gewesen. Das Idealszenario hat Guiseppe Piemontese, mit dem ich mich vor 2 Wochen beim Highlander am Faschinajoch duelliert habe und dem ich letztlich 5min bis ins Ziel abgenommen habe, vorgemacht: 33. Platz in 7:40:21. Leider ist aus dem vereinbarten „See you at the Ötzi!“ nichts geworden. Dann eben nächstes Jahr!

Leistungswerte der einzelnen Abschnitte (Powertap):

Foto vom Reparaturdepot nach dem Rennen: Ich war nicht der Einzige mit der NoTubes ZTR 340 Felge, den es erwischt hat. Von 5 Laufrädern die dort lagerten war „zufällig“ genau das gleiche wie meines dabei.