Race Across The Alps 2017

Nach dem DNF beim RATA 2015 habe ich es heuer noch einmal versucht. 2015 habe ich für mich Nackenprobleme und ein Überziehen am Anfang als „Killer“ identifiziert. Dementsprechend habe ich mich heuer versucht auf diese beiden Punkte noch spezieller vorzubereiten:

  • Zwei-Rad-Strategie für den Nacken: Ich habe in den letzten beiden Jahren viel über meine Nackenprobleme gelernt, v.a. was ich tun muss um sie zu vermeiden. Dazu gehört in erster Linie extreme Positionen – sowohl Überstrecken nach vorne als auch nach unten – zu vermeiden. Wenn ich am Handy lese, dann halte ich es auf Kopfhöhe und nicht unten am Bauch. Computer/Notebooks stehen mind. auf Augenhöhe und nicht auf einem niedrigen Tisch. Auch die Zeitung wird schön brav hochgehalten. Beim Radfahren helfen Positionswechsel und der Fokus darauf nie eine überstreckte Position einzunehmen. Das ist vor allem beim Bergabfahren oder in langen Flachpassagen wichtig. Für das RATA habe ich mir daher ein zweites Rad mit Aufleger mitgenommen, das ich in allen Abfahrten und Flachstücken verwendet habe. Hat super funktioniert, keine Nackenprobleme mehr!
  • Pacing – Langsamer anfangen: Bei langen Rennen geht es vorrangig darum mit den verfügbaren Energiequellen hauszuhalten. Das sind vor allem Kohlenhydrate und Wasser. Bei ~60g Kohlenhydrataufnahme pro Stunde (= 240kcal/h) und einer angenommenen Fettverbrennungsrate von 1g/min (= 540kcal/h)  – was schon sehr hoch, aber nicht unrealistisch ist – ergibt sich bei einem Verbrauch von ~780kcal/h eine Bilanz von 0. Umgerechnet sind das etwa 210W am Pedal. Bei mir läuft bis ~270W die Fettverbrennung auf Maximalniveau. Darüber steigt das Laktat und beginnt die Fettverbrennung zu hemmen.
    Die Taktik war daher an den Anstiegen nie mehr als 270W zu fahren. In den Flachpassagen keinesfalls etwas aus dem Tank zu saugen, d.h. unter 200W zu bleiben. Speziell dort wo es heiss ist, auch etwas lockerer zu fahren damit ich nicht übermässig viel Wasser rausschwitze – das ja auch irgendwie wieder in den Körper rein muss.

Rennverlauf

Gesagt getan. Ich habe mich strickt an den Plan gehalten. Bis nach Prad ging es im Feld dahin, sobald der Anstieg auf das Stilfersjoch begann wurde losgebolzt. Unten war es heiss, oben die Luft dünn. Ich legte bewusst meine 260-270W an und bin das dann auch locker konstant bis ganz oben durchgefahren (273W), immer wieder Leute eingeholt und brav getrunken (Wasser & je 1 Flasche mit 60g Maltodextrin/h). Auf die Spitze zwar 7min verloren, aber das war ja auch durchaus geplant so. Oben der erste Radwechsel und ab in die Abfahrt nach Bormio.

Bier oder Kohlenhydratplempe oben am Gavia

In Bormio dann zügig weiter auf den Gavia hinauf. Dort habe ich Lukas Kienreich aufgesammelt, der es etwas schneller angegangen ist, insgesamt aber ein sehr ähnliches Tempo gefahren ist wie ich. 250W waren geplant für den Gavia. Geworden sind es dann 259W. Hat sich nachwievor aber alles sehr gut angefühlt. Ich war mittlerweile auf Platz 4. Auch die Ernährung war kein Problem. Die Abfahrt und das Flachstück bis zum Aprica Anstieg nahm ich dann wie geplant locker, Nacken nicht zerstören und immer unter 200W bleiben. Der Aprica Anstieg wurde mit 236W ebenfalls locker absolviert. Energie sparen für den Mortirolo. Bei einer Ampel in Tirano hat mich Lukas wieder von hinten eingeholt und gemeinsam fuhren wir in den Mortirolo rein.

Auf halber Höhe am Mortirolo

Wie beim letzten Mal, war es auch diesmal wieder sehr heiss. Am Gavia hat mir schon die ganze Zeit der Schweiss vom Helm ins Aug getropft, daher habe ich den Helm ausnahmsweise einmal abgegeben. Das war von der Rennleitung ausdrücklich erlaubt und bei 0 Verkehr auf der schmalen, 12% steilen Strasse ins Niemandsland auch gänzlich ungefährlich. 240W wären geplant gewesen, aber es lief erstaunlich gut. 250W kamen die meiste Zeit am Pedal an. Die steilen Passagen waren ärgerlich aber es lief – auch dank der 34-32er Übersetzung – erstaunlich gut. Lukas konnte ich überholen und ca. 2min abhängen. Robert Petzold war an der Spitze nur rund 15min voraus. Auf den letzten 4km kam dann aber doch so etwas wie ein erster Hänger. Die Watt wurden weniger. Oben angekommen hatte ich Probleme zu trinken, bekam Wasser und mein Kohenhydratgesöff nicht mehr richtig runter. Ein Salzstangerl mit Wasser runtergespült hat dann oben mehr Zeit benötigt als geplant. Lukas hat mich schon während der Pause oben überholt und ein weiterer Fahre holte mich in der Abfahrt bzw. zweiten Auffahrt nach Aprica ein. Trotzdem war auch Aprica 2 mit ~224W noch im Plan.

Nach ein paar Flachkilometern bis Tirano ging es dann in den gefürchteten Bernina. Es war mittlerweile stockfinster, der Anstieg mit über 30km eine gefühlte Unendlichkeit lang. Noch etwas länger hat es der Ast gemacht, der sich langsam aufzubauen begann. Ich bekam einfach nichts mehr hinunter, weder Wasser noch Kohenhydrate noch sonst irgendwas habe ich – bzw. hätte ich gegen größten Widerstand – in ausreichenden Mengen in meinen Magen gebracht. Fuhr ich anfangs noch mit den geplanten 210-220W in den Bernina hinein, so sank das oben rauf auf magere 160W zusammen. Notmodus, nenne ich das, wenn nur mehr so viel Leistung kommt wie ich aus den Fettreserven ziehen kann. Die Kohlenhydrate sind aufgebraucht, das Wasser wird immer weniger. Das Ende naht … Mitten drinnen am Bernina eine kurze Pause. Puls runterkommen lassen, vielleicht nutzt das ja. Oben dann noch eine Pause. Ein Semmerl mit etwas Wasser runtergespült. Es war aber eine schreckliche Würgerei und in der Abfahrt dann auf einmal wieder die massiven Atembeschwerden und das Stechen in der Brust, das ich schon vor 2 Jahren hatte. Es wurde viel schlimmer, wenn ich mich auf dem Aufleger versuchte auszurasten. Bin dann noch die Abfahrt bis La Punt runtergefahren um zu sehen ob es bei wärmeren Temperaturen besser würde. Ist es nicht. Hätte ich mich noch den Ablula raufgekämpft wäre hinten runter eine noch viel längere Abfahrt bzw. Flachstück nach Davos gekommen. Ohne auf den Aufleger zu können, hätte ich mir dabei vermutlich den Nacken nachhaltig zerstört. Das wollte ich mir nicht antun zumal auch schon klar war, dass ich auf den restlichen 200km – mehr oder weniger – im Notmodus so viel Zeit verloren hätte, dass ich nie und nimmer mit mir zufrieden gewesen wäre. Allein vom Mortirolo (Rückstand Spitze 15min) bis zum Bernina (Rückstand Spitze 1:30min) hatte ich massiv Zeit verloren. Also Abbruch um 3 Uhr früh nach 14h, 340km und 7.400 Höhenmetern.

Schon ziemlich gezeichnet oben am Bernina an einer Semmel würgend

Mit dem Wohnmobil ging es wieder retour nach Nauders und nach einer kurzen Dusche um 5 Uhr ab ins Bett. Mit dem Frühstück um 9 Uhr begann dann das Analysieren. Offensichtlich war der Auslöser allen Übels nicht der Nacken sondern die Ernährung. Die Symptome deuten alle auf eine Speiseröhrenentzündung hin. Der Magen produziert – offenbar durch die vielen Kohlenhydrate – übermässig Magensäure, die in die Speiseröhre hinauf fließt bzw. gedrückt wird und dort für Verätzungen sorgt. Dass die Schmerzen schlimmer wurden, wenn ich am Aufleger lag, passt genau in das Schema. Frage ist nun, was tun? Noch habe ich keine Antwort darauf, ausser dass ich es ja auch einfach vermeiden könnte so lange Ausfahrten/Rennen zu fahren …

Wie auch immer, das gesamte RATA Wochenende war wieder einmal eine sehr interessante Erfahrung. Das Teamwork mit Betreuer Daniel & Martin hat perfekt funktioniert. Sie hatten im Begleitauto offensichtlich auch viel Spaß. Vielen Dank Jungs!


Meine Betreuer am Mortirolo. Das Video ist leider der Zensur zum Opfer gefallen 😉

 

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Radsporttage Tiroler Oberland 2014

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Blick vom Umbrailpass auf das Stilfserjoch

Mit dem Kaunertaler Gletscherkaiser am Donnerstag und dem Dreiländergiro am Sonntag standen am vergangenen langen Wochenende zwei wirklich schwere Rennen mit starker Besetzung am Programm. Das Faktum, dass ich meine Familie nicht mit hatte und Freitag & Samstag in der Gegend verbrachte, machte es nicht gerade leichter. Dazu ab er später mehr …

Kaunertaler Gletscherkaiser

Ein richtig langer Berg, länger als der Glockner(könig). Auch höher, was die Luft oben noch dünner und das Erbringen von Leistung noch schwerer macht. Ich wollte keinesfalls den Fehler vom Glocknerkönig machen und mich anfangs zu sehr verausgaben und in den roten Bereich gehen. Daher bin ich eher verhalten gestartet – leider auch zu weit hinten: In der neutralisierten Phase spülte es mich, auch durch einen Sturz eines Fahrers direkt vor mir, fast bis ganz nach hinten im Feld. Als es dann in Prutz endlich los ging, war die Spitze ausser Reichweite. Das hat mich darin bestärkt mein eigenes Tempo gefahren. Nach 8min mit 340W war ich immerhin an einer Gruppe rund um meinen Teamkollegen Daniel Wabnegg dran. Gemeinsam arbeiteten wir uns durch die Tunnels Richtung Feichten immer weiter im Feld nach vor. Knapp bevor es in Feichten flacher wurde erreichten wir wieder eine Gruppe, allerdings verlor Daniel dort auch seinen Sattel und musste aufgeben. In dieser Gruppe ging es in einem Flachstück weiter bis zur Mautstation. Eine größere Spitzengruppe war vorne weg, kam aber in den folgenden Anstiegen immer wieder ins Sichtfeld. Meine Gruppe aus dem Flachstück war gleich einmal abgehängt, nur ein Fahrer, Stephan Schwarz, blieb drann. Langsam aber beständig näherten wir uns der größeren Gruppe vor uns. Bei der Staumauer war es fast, aber nicht ganz geschafft. Also musste ich auch im Flachstück entlang des Stausees ordentlich hinhalten (42,4km/h Schnitt) um dann am Ende tatsächlich die Gruppe vor uns zu erreichen, die ihrerseits am Stausee andrückte um eine kleinere Spitzengruppe erfolgreich einzufangen. Nach 1h Tempo war ich also wieder vorne und das Rennen konnte auf den letzten 10km bzw. 1000hm von vorne beginnen. Ich fuhr weiter mein eigenes Tempo bis hinauf ins „ewige Eis“ auf 2750m, konnte dabei einige Fahrer aus der Spitzengruppe, darunter auch Kapazunder wie Emanuel Nösig und Michi Kastinger, hinter mir lassen und fuhr nach 2h:04min als zufriedener 16. über die Ziellinie.

Fazit: Auch wenn sicher nicht optimal von der Krafteinteilung, so hat sich das lange quasi „Zeitfahren“ doch viel besser angefühlt als der Glocknerkönig, bei dem ich am Anfang überzogen und dann viel mehr gelitten habe.

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Bericht von Manuel Schreiber (10.)

Freitag & Samstag

Bei dem Wetter und der Umgebung konnte ich es nicht bei zwei Ruhetagen belassen. Das wäre eine größere psychische Qual gewesen als die physische Qual, die mich am Sonntag beim Dreiländergiro erwarten würde, wenn ich nicht mit frischen Beinen ins Rennen gehe. Also bin ich am Freitag von Glurns über die Vinschgauer Höhenstrasse ins Martelltal, dort wo heuer beim Giro d’Italia die Entscheidung gefallen ist, und wieder zurück nach Glurns gefahren (105km, 4h:30m, ca. 3000Hm) und am Samstag von Glurns über den Umbrailpass auf das Stilfserjoch und retour nach Glurns (66km, 3h:15m, 2.400Hm)

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Martelltal – Endstation Wendeplatz

Dreiländergiro Nauders

Am Sonntag war das Wetter traumhaft und ich fühlte mich – trotz der Vorbelastung – beim Start extrem gut. Das sollte sich aber rasch ändern. Hinauf auf den Reschenpass hatte ich zwar keinerlei Probleme mit dem Feld mitzurollen, allerdings zeigte mein Leistungsmesser immer viel zu niedrige Werte, die nicht zu meinem Körpergefühl passten: Zeigte er mir zu wenig oder war ich wirklich so fertig und komplett aus dem Lot, dass sich schon wenig Watt so hart anfühlen? Das Stilfserjoch würde schon Klarheit bringen … Tat es aber nicht: Ich fuhr unten mit der Spitze im flacheren Teil bis Gomagoi mit, musste aber bald einmal reissen lassen. Das Tempo kam mir nicht sonderlich hoch vor, der Leistungsmesser meinte auch es sei niedrig, nur irgendwie kam ich doch nicht mit. Sehr eigenartig. Blieb mir nichts anderes übrig als wieder einmal alleine – hinter mir war meist niemand zu sehen – mein eigenes Tempo zu fahren. Das tat ich dann auch, allerdings nicht nur über das Stilfserjoch (ca. 2min auf die Spitze verloren), sondern insgesamt 3h lang auch in der Abfahrt zum Umbrailpass, hinauf auf den Ofenpass (ca. 45s auf die Spitze gewonnen), Abfahrt vom Ofenpass und Ova Spin hinauf (ca. 45s auf Spitze gewonnen), Abfahrt vom Ova Spin und 10km im Flachen (46km/h Schnitt) von Zernez Richtung Norbertshöhe. Dann war ich – zur Verwunderung einiger („Wo kommst denn du her?“) – wieder vorne dabei. Die Gruppe war 15 Mann stark und da wirklich noch alle Spitzenfahrer darin waren, die Zusammenarbeit unharmonisch und das Tempo entsprechend gering. Alles bereitete sich auf das große Finale auf der Norbertshöhe vor. Mir war klar, dass ich dort keine Bäume mehr ausreissen werde, wollte aber nicht kampflos die Gruppe ziehen lassen. Also habe ich gegeben was noch ging und das hat dann immerhin gereicht um ein paar Fahrer aus der Gruppe zu distanzieren und mit 2m:20s Rückstand auf den Sieger Johannes Berndl als 11. (6. M30-45) über die Ziellinie zu fahren.

Fazit: „Never give up, never surrender“ hat sich wieder einmal ausgezahlt. Leistungsmesser niemals am Start kalibrieren, sondern immer schon davor – das werde ich mir auch merken.

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Bericht von Manuel Schreiber (8.)