Garmin Vector – 1. Praxistest

Zu den Pedalen mit integriertem Leistungsmesser gibt es ja schon einige sehr gute Tests (bikeboard.at, DC Rainmaker), die sehr umfangreich alle Vor- und Nachteile, Installation, Kalibrierung usw. erläutern. Daher beschränke ich mich hier darauf meine ersten Erfahrungen mit dem System vor allem im Vergleich mit meinem Wahoo Kickr sowie einem Powertap SL+ Laufrad zu schildern.

Das Fazit gleich vorweg

Die Zahlen schauen sehr gut aus, wenn der Offset (Nullkalibrierung) stimmt. Genau das ist aber auch das Problem. Er stimmt zu oft nicht.

Installation

Super einfach! Die Pedale sind binnen weniger Minuten installiert und auch das Pairing und die Kalibrierung mit Edge 800/500 geht sehr flüssig. Man muss allerdings sehr darauf achten, daß man nicht einen Schritt im Ablauf vergisst und z.B. die Kurbellänge nicht korrekt einstellt oder die Pedale nicht fest genug anzieht (Es sollten 34-40nm sein. Mangels Maulschlüssel mit Drehmomentmesser konnte ich jedoch nur nach Gefühl arbeiten). Auch wenn es einfach ist, für das schnelle Umschrauben vor dem Training sind die Pedale meiner Ansicht nach nicht geeignet. Sehr wohl aber für’s Anbringen am Mietrad beim Trainingslager in Mallorca oder für den Wechsel auf’s Zeitfahrrad (am Tag) vor einem Rennen. In Sachen schneller Wechsel von Rad zu Rad geht nach wie vor nichts über ein Powertap Laufrad.

Betrieb

Garmin empfiehlt eine statische und dynamische Kalibrierung vor jeder Ausfahrt zu machen. Ein lästiger Schritt, aber für mich noch akzeptabel. Komfortabler ist hier allerdings schon das Auto-Zero von Power2Max und Powertap. Da braucht man wirklich an gar nichts denken, einfach nur losfahren und irgendwann in den ersten 20 Minuten einmal für ein paar Sekunden rollen ohne zu treten.

Genauigkeit

Meine bisherigen Erfahrungen decken sich mit jenen von NoPain im Bikeboardtest. Die Pedale messen sehr genau. Die Werte passen auf +/- einige wenige Watt mit den Zahlen vom Powertap (bei ihm SRM) überein.

Kalibrierung

Wie man an den Kommentaren zu den einzelnen Testläufen unten sehen kann, gibt es laufend Probleme mit dem Offset. Da es offenbar beide Pedale unabhängig voneinander betrifft, sind auch die Abweichungen oft entsprechend groß und können im worst-case auch +20 Watt zu viel (oder zu wenig) sein. Inakzeptabel für ein so teures System. Mag sein, dass ich die Pedale nicht fest genug angezogen habe (unwahrscheinlich, da ich auch abmontiert und nachgezogen habe) oder daß es etwas mit meinen Q-Rings zu tun hat (ebenfalls unwahrscheinlich, da die Q-Rings auf die statische Kalibrierung keine Auswirkung haben) oder ich sonst irgend etwas im Ablauf falsch gemacht habe. Die Recherche im Web hat mich jedenfalls nicht schlauer gemacht und die Probleme sind auch bei beiden Vector Systemen, die ich parallel getestet habe, aufgetreten.

Testläufe

20131015 vector-pt
1,5h sind die beiden Leistungsmesser genau gleich auf. Dann eine dynamische Kalibrierung vom Vector und auf einmal sind 10W Differenz, die auch durch mehrere dynamische Kalibrierungsversuche nicht verschwinden. Erst stehenbleiben und statisch kalibrieren hat wieder eine Angleichung gebracht.

20131017 sst-vector-pt

Ähnliche Situation wie oben. Die Leistungsmesser laufen nach einer dynamischen Kalibrierung etwas über 10W auseinander. Stehen bleiben und statisch kalibrieren behebt das Problem. (Rein theoretisch könnte hier auch ein falsches Auto-Zero beim Powertap Laufrad den Fehler verursacht haben) 

20131016 l2-vector-kickr
Indoor Grundlageneinheit. Der KICKR hat, wie fast alle Rollentrainer, eine starke Temperaturdrift in den ersten 30 Minuten. Danach geht allerdings bei der dynamischen Kalibrierung vom Vector etwas daneben. Statische Kalibrierung behebt das Problem.

20131009 l2-kickr-vector
Indoor Grundlageneinheit: Hier haben die Kalibrierungen gepasst. Temperaturdrift vom KICKR in den ersten 30 Minuten. Etwas eigenartig die Annäherung der Zahlen von 90min – 120min. Ev. ein Hinweis darauf, dass auch der Vector eine Temperaturdrift hat.

20131021 sst-vector-kickr
Noch eine Indoor Einheit (2x30min Intervalle mit 5min Pause): Deutliche Stufe zwischen Ende erstem Intervall und Anfang zweitem Intervall durch statische Kalibrierung in der Pause. Auch gegen Ende Schwankungen bei mehrmaliger statischer & dynamischer Kalibrierung. 

 

So weit so gut – oder auch nicht. Ich werde weiter testen, mir auch einen Drehmomentschlüssel besorgen und dann eventuelle neue Erkenntnisse posten.

30 Comments

  • Hallo Jürgen,
    hast du während deines gesamten Vergleichstests (Vector vs. Powertap) Q-Rings verwendet? Deshalb interessant weil Garmin angibt, dass Vector nicht mit ovalen Kettenblättern ist (zumindest jetzt noch nicht) und die Absolutwerte in deinem Test (mit Ausnahme der Kalibrierungen) gut zusammen passen.
    LG

    • Ja, ich habe auf allen Rädern Q-Rings und wollte diese nicht extra ummontieren. Meiner Meinung nach ist die Behauptung von Garmin, daß es ev. nicht passt, eine reine Schutzbehauptung. Sie haben’s noch nicht mit (allen) ovalen Blättern getestet und daher können sie nicht ausschließen, dass es Probleme gibt. Ergo sagen sie vorsichtshalber, daß es nicht geht (Ist ja eine US Firma und die müssen bei solchen Dingen extrem vorsichtig sein). Da sich die Pedale immer im Kreis drehen, ganz egal wie die Kettenblätter aussehen und die Umdrehungsgeschwindigkeit in einer 360 Grad Umdrehung sowieso niemals konstant ist (Wiegetritt!) und daher auch zig Mal pro Umdrehung gemessen wird, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß Q-Rings die Genauigkeit wesentlich beeinflussen. Ausserdem sollten v.a. die Q-Rings (gibt ja auch andere ovale Blätter) den Tritt eher runder als eckiger machen. -> Spricht vieles dafür, daß es trotzdem passt und das tut es ja auch in meinem Test.

  • Mir ist aufgefallen, dass das Ding umso besser funktioniert, je weniger man es mit statischen und dynamischen Kalibrierungen unter Kontrolle halten will.

    Kann natürlich auch ein Zufall sein, aber je „schwieriger“ die Bedingungen in technischer Hinsicht waren, umso genauer war das Ergebnis. Während die Kalibrierung bei klassischen Laborbedingungen immer wieder mal daneben ging.

  • Lieber Jürgen, einmal mehr danke für Deinen sehr informativen Blogs. Eine Frage habe ich in Sachen Vector: Gibt es einen Drehmomentschlüssel/-adapter für die Montage der Vector-Pedale? Ich bin bislang noch nicht auf so etwas gestoßen und wäre Dir für einen Hinweis sehr dankbar. Ich habe derzeit ein Syntace Torque Tool. Danke im Voraus und viele Grüße – Volker

    • Ja, das ist bekannt. Wird meiner Meinung nach aber überschätzt (Gibt ewig viele Postings in denen nach passenden Aufsätzen für Drehmomentschlüssel gesucht wird). Nach meiner bisherigen Erfahrung reicht es vollkommen die Dinger einfach „ordentlich“ anzuziehen. Es geht letztlich darum, dass die Pods stabil bleiben und sich nicht während der Fahrt bzw. nach der initialen Kalibrierung verschieben. Bin mittlerweile mit den Pedalen sehr zufrieden. Vergleichsfahrten mit Powertap waren zuletzt immer im Bereich des Messfehlers der beiden Leistungsmesser. -> Praxistest Update kommt demnächst gesammelt in einem Blogpost.

  • Weiß jemand wie es sich mit der „Tritteffizienz“ und mit dem Menupunkt „Gleichmäßiges Treten verhält“? Gibt es hierzu Referenzwerte oder eine deutsche Beschreibung?

    • Schaut wohl eher schlecht aus… Ich habe dazu bisher weder auf deutsch noch englisch sinnvolle Erklärungen und v.a. Anwendungsfälle gefunden.

  • Servus Jürgen,

    bin mit meinem Pedalen mittlerer weile sehr zufrieden – aber erst, seitdem ich sie mit Schraubensicherung mittlerer Festigkeit fixiert habe. Damals hat sich bei mir die Balance immer mehr linkslastig verschoben und erst dachte ich, dass ich nicht gleichmäßig trete. Es lag aber daran, dass sich das linke Pedal leicht „gelockert“ hatte, ohne dass ich es gemerkt hatte – obwohl ich sie gut festgezogen hatte.
    Eines konnte ich allerdings immer noch nicht herausfinden.
    Wie groß ist der Messbereich der Vektor-Pedale?
    Das konnte mir selbst kein Mitarbeiter bei powermeter24 beantworten – von dort habe ich meine.
    SRM gibt – soviel ich weiß etwas über 4000 Watt an, was sowieso keiner erreicht aber es hätte mich nur mal so interessiert.
    Wäre vielleicht evtl. ein Indiz dafür wie „stabil“ sie wirklich sind oder habe ich hier einen Denkfehler drin?!

    Grüße

    Chris

    • @Pedale locker bzw. Pods verschoben: Seit dem letzten Update (v2.70/31.12.2014) gibt’s am Edge1000 die Option „Montagewinkel zurücksetzen“. Dadurch muss man nicht mehr dauernd die Batterien rausnehmen, wenn man die Winkel neu setzen möchte. -> Es empfiehlt sich zumindest nach einer Ummontage bzw. ansonsten wohl jeden Monat 1x die Winkel neu einzustellen. Werde ich in die FAQ aufnehmen.

      @Messbereich: Der maximale Messbereich ist nur ein theoretischer Wert, der meiner Meinung nach wenig praktische Relevanz hat. Leistung = Kraft x Weg / Zeit. D.h. den theoretischen Maximalwert würde man erreichen, wenn man eine ganze Kurbelumdrehung lang gleichmässig und mit möglichst langer Kurbel (= maximaler Weg) bei maximaler Kadenz (= minimale Zeit. ~190 U/min) die maximal messbare Kraft (?) aufbringt. In der Praxis bringt das aber kein Mensch zusammen.

      Den Konnex, den du aus maximalem Messwert zur Stabilität herstellst bzw. was du unter „stabil“ verstehst, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Falls damit gemeint ist, welche Kraft die Pedale maximal messen können, dann muss das nicht sehr viel sein. Selbst bei einem Sprint wird kaum mehr als das eigene Körpergewicht eingesetzt. Hohe Leistungswerte kommen eher aus der Kadenz und nicht der Maximalkraft.

  • Hallo Jürgen,

    hast du das schon probiert, könnte man die Version mit 2 Pedalen auch mal einzeln an verschiedenen Rädern verwenden?

    LG

    Sigi

    • Nein, das funktioniert nicht. Die Pedale sind ab Werk miteinander gepaired und können nicht getrennt verwendet werden. Das linke Pedal sendet seine Daten über ein proprietäres Protokoll an das rechte, dieses fügt die eigenen Messwerte dazu und sendet die Leistungswerte über ANT+ an eine Headunit (z.B. Edge). Ob die beiden Pedale nur eine unterschiedliche Software verwenden oder sich auch von der Hardware her unterscheiden, ist mir nicht bekannt.

      • Danke! Ich hab noch eine Frage an dich nachdem du das Thema Leistung offenbar sehr genau analysierst. Hast du zufällig bei Leistungs-Analysen auf der Rolle schon mal den Luftdruck der Reifen / Anpressdruck einfliessen lassen? Also Leistung gemessen durch die Vector Pedale im Vergleich zur Leistung die dir die Rolle anzeigt bei unterschiedlichen Reifendrücken (ohne Schlupf natürlich)?

        Gruß
        Peter

        • Nein, ich wüsste auch nicht wozu. Früher als ich mit meinem Tacx Fortius viele virtuelle Rennen gefahren bin, war die optimale Übertragung der Leistung von den Pedalen auf die Rolle schon ein Thema, aber den Verlust zu messen macht wenig Sinn, weil es zu viele sich permanent ändernde Einflüsse gibt (v.a. Temperaturdrift der Rolle). Jedenfalls bin ich damals die Rennen immer mit eher wenig Druck (3-4bar) und GP4000s Reifen (absichtlich keine speziellen Rollenreifen!) gefahren. Den Anpressdruck so locker wie nur geht, damit es zu keinem Durchrutschen kommt.

          • Danke! Je höher der Anpressdruck des HR auf die Rolle desto härter muss man treten. Ich glaube (fühle) erheblich mehr. Fürs Training bedeutet das, das man eine höhere Leistung tritt als einem die Rolle anzeigt. Aber wieviel? Daher die Frage.

          • Ja, der Unterschied ist erheblich. Aber zu wissen wieviel es gerade ist nutzt dir wenig, weil morgen ist schon wieder weniger Luft im Reifen oder du drehst übermorgen an der Stellschraube und alles ist wieder anders. Am sinnvollsten ist es, wenn man sich gleich einen Leistungsmesser kauft. Z.B. ein gebrauchtes Powertap Laufrad findet sich sicher irgendwo günstig.

  • Ja, ist klar, danke! Nach deinen Bestätigungen, daß es doch erheblich ist und du mit den Vector Pedalen nach 2 Jahren noch immer zufrieden bist (bei offenbar hartem Einsatz …) werde ich mir wohl die Vector Pedale zulegen.

    Bis dahin für den nächsten Leistungstest auf der Rolle die Luft rauslassen …

  • Hallo Jürgen,

    hast du schon Erfahrungen mit den neuen Pods gemacht? Ich habe meine diese Woche bekommen und montiert. Allerdings bekomme ich diese nicht so fest wie die alten Pods. Wenn ich an den alten Pods wackelte bewegte sich nichts, die waren bombenfest. Bei den neuen ist da etwas spiel nach vorne und hinten. Ich mache mit jetzt Gedanken das sich die Montagewinkel eventuell verstellen und das Auswirkungen auf die Wattwerte hat. Weist du wie sensibel das System reagiert wenn die Pods sich etwas verschieben?

    Vielen Dank
    Sebastian

    • Siehe http://jpansy.at/2015/08/20/garmin-vector-1-vector-2-upgrade/
      Ich glaube nicht, dass es eine Auswirkung hat, weil dass man die Pods nicht mehr so fest bekommt wie die 1er ist durch den Montagemechanismus vorgegeben. Plastik&Gummi können niemals so stabil sein wie Metall auf Metall. Eventuell ist das aber auch gar nicht notwendig – siehe die Anmerkung in deren Handbuch. Inwiefern sich eine veränderte Position der Pods auswirkt werde ich bei Zeiten aber vielleicht doch einmal austesten (Vergleich mit einem anderen Powermeter).

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